1.3.4 Schwerpunkt, Schwerpunktsatz und Impulssatz


Auf der waagrecht eingestellten Experimentierwippe rollt eine Glaskugel auf zwei andere ruhende Glaskugeln. Trotz des Stoßes zeichnet der Rechner ein lineares Diagramm (siehe Abb. 1 und https://www.youtube.com/watch?v=B3Q8sRFgG9g ).

Abb. 1


Was wird hier angezeigt ?


Wenn die drei Kugeln gleicher Masse K1, K2 und K3 an einem Punkt P (siehe Abb.2) zusammen liegen, dann ist deren gemeinsamer Abstand x von der einen Schmalseite der Wippe maßgebend für ihre Wirkung auf die Wippe. Sind sie über die Platte verteilt, dann wird die Drehung der Wippe durch den Mittelwert x der Abstände x1, x2 und x3 bestimmt. Die Kugeln verhalten sich bezüglich ihrer Wirkung auf die Wippe so, als ob sie alle nebeneinander im Abstand x von der genannten Schmalseite seien. Der Punkt, dessen Koordinaten durch Mittelwertbildung aus den Koordinaten der drei Kugeln gewonnen wird, heißt Schwerpunkt (Massenmittelpunkt) P der drei Kugeln. Seine Lage wird von der Wippe angezeigt. Die Drehung der Wippe ist der Verschiebung der Schwerpunkts proportional.


Abb. 2


x = (x1 + x2+ x3 ) /3


Bei unterschiedlichen Massen müssen die Kugeln zunächst gedanklich in Teile gleicher Masse zerlegt werden. Erst dann können die Schwerpunktkoordinaten durch Mittelwertbildung berechnet werden (siehe Abb. 3).


Abb.3


x = (1· x1 + 3 · x2 + 2 · x3 )/ 6


x = (1kg· x1 + 3kg · x2 + 2 kg· x3 )/ 6 kg


x = (m1· x1 + m2 · x2 + m3 · x3 )/ (m1 + m2 + m3)



Definition des Schwerpunkts (Massenmittelpunkts):


Wir denken uns ein System in Teile gleicher Masse eingeteilt. Aus den x-, y- und z-Koordinaten werden Mittelwerte gebildet. Der Punkt, dessen Koordinaten durch diese Mittelwerte beschrieben werden, heißt Schwerpunkt des Systems


Das in Abb. 1 gezeigte Experiment lässt den Schluss zu:


Der Schwerpunkt eines abgeschlossenen Systems (System ohne Wechselwirkung mit seiner Umgebung) ist entweder in Ruhe oder er bewegt sich gleichförmig.

Schwerpunktsatz


Dieser Schwerpunktsatz ist als eine Verallgemeinerung des Trägheitssatzes zu sehen.




Hinweis für Lehrer



Besonders eindrucksvolle Experimente zum Schwerpunktsatz sind in den Abbildungen 4 und 5 dargestellt.

Abb. 4


Presseinformation über das hier dargestellte Experiment

 

Einstellempfehlung für das Programm „MAuS (CASSY-E)“ zur Aufnahme eines Ballistokardiogramms (anklicken !).


Aufgaben

Zu Abb. 4:

Ein Schüler liegt auf einem Brett, welches auf Rollen gelagert ist. Wenn Blut aus einer Herzkammer gepumpt wird, dann bewegt sich der Körper zur Erhaltung des Schwerpunkts entgegen der Strömungsrichtung. Diese Bewegung wird von einem Rechner in einem Ballistokardiogramm dargestellt. Zur Registrierung der Verschiebung ist am einen Ende des Bretts ein Hufeisenmagnet befestigt, dessen einer Pol von einer Transformatorspule mit 10000 Windungen umgeben ist.

Abb. 5

Zu Abb. 5:

1. Zwei auf der Experimentierwippe stehende Wagen sind mit einer Schraubenfeder gekoppelt. Wird der eine angestoßen, dann wechseln die beiden fortwährend ihre Geschwindigkeiten. Der zweite ruht, der erste fährt, der erste ruht, der zweite fährt usw. Trotzdem entsteht ein lineares Diagramm.

2. Auf einem Experimentierwagen steht eine Kristallisierschale. Während der Wagen an einem Faden festgehalten wird, stößt der Experimentator eine in ihr liegende Kugel zur Rotation an. Der Wagen bewegt sich nach seiner Freigabe ruckartig über die Bahn, wobei ein lineares Diagramm zur Bewegung des Schwerpunktes geschrieben wird. Der Wagen ist beim Rücklauf der Kugel schneller als beim Vorlauf der Kugel. Die Geschwindigkeit des Schwerpunkts bleibt trotz der schwankenden Wagengeschwindigkeit konstant.


Ein passender Videofilm hierzu

Eine weitere Vorführung


Kann anhand des Schwerpunktsatzes auf die Wagengeschwindigkeit geschlossen werden?

Es ist davon auszugehen, dass man die Schwerpunktgeschwindigkeit bei Kenntnis der Geschwindigkeiten vom Wagen und der Kugel berechnen kann. An einer Gleichung zur Berechnung der Schwerpunktgeschwindigkeit vS wird man wegen vS = konstant sehen können wie die Wagengeschwindigkeit vW von der Geschwindigkeit der Kugel vK abhängt.

Zur Berechnung von vS muss zunächst die Verschiebung Δx bestimmt werden, die der Schwerpunkt in einem kleinen Zeitabschnitt Δt erfährt.


Δx = (mK · ΔxK + mW · ΔxW) / (mK + mW )


Um ΔxK und ΔxW ändern sich die Abstände der Kugel und des Wagens vom linken Ende der Wippe.


Folglich gilt für die Schwerpunktgeschwindigkeit vS:


vS = Δx/ Δt = (mK · ΔxK/ Δt + mW · ΔxW / Δt) / (mK + mW )


ΔxK / Δt = Geschwindigkeit vK, mit der sich die Kugel von der Schmalseite der Wippe entfernt ; ΔxK / Δt = Wagengeschwindigkeit vW


vS = (mK · vK + mW · vW) / (mK + mW )


Wegen vS= Konstante können wir schreiben: Die Summe mK · vK + mW · vW ist konstant


vK ist dann negativ, wenn die Kugel zurück rollt ( ΔxK < 0 ). Wegen der Konstanz von mK · vK + mW · vW ist mW · vW dann größer als die Summe der Produkte. vW ist demzufolge größer als im Fall vK >0.


Das Produkt aus einer Masse m und deren Geschwindigkeit v trägt den Namen Impuls oder Bewegungsgröße.


Nach dem Schwerpunktsatz gilt für jedes abgeschlossene System:


Die Summe aus den Impulsen seiner Teile ist konstant.

Impulssatz





Experimente zum Impulssatz

In Abb. 6 sehen wir auf der Wippe einen zunächst ruhenden Wagen mit einem darauf befestigten Tafelschwamm (Gesamtmasse m = 200g ). Die Wippe ist zum Reibungsausgleich so aufgestellt, dass sie nach rechts geringfügig abfällt.

Wird mit einem Luftgewehr in den Schwamm geschossen, dann bewegt sich der Wagen anschließend gleichförmig mit der Geschwindigkeit vW .

vW = Δx/ Δt kann anhand des Diagramms in der Abb. 7 bestimmt werden.


Abb. 6

Abb. 7

Der Impulssatz ermöglicht die Berechnung der Geschossgeschwindigkeit.

Die Impulssumme vor dem Einschuss ist gleich dem Impuls mG · vG des Geschosses, denn der Wagen mit der Masse mW steht vor dem Schuss. Die Impulssumme danach ist gleich dem Impuls des Wagens mit Schwamm und dem in ihm steckenden Geschoss.

mG · vG = (mW + mG )· vW

Ist mG sehr klein im Vergleich zu mW dann gilt:

mG · vGmW · vWvGmW · vW / mG

mG · vG ist maßgebend für die Stärke des Stoßes (Impulses), den die Luftgewehrkugel dem Wagen erteilt. Der Name „Impuls“ für das Produkt m·v erscheint mit Blick auf das hier beschriebene Experiment verständlich.

Eine eindrucksvolle Demonstration zum Impulssatz ist mit dem in Abb.8 sichtbaren Raketenwagen möglich.

Abb. 8

Auf einem insgesamt 200 g schweren Experimentierwagen ist ein sogenannter Heuler (Feuerwerkskörper) befestigt. Wird der Heuler angezündet, dann stößt er nach hinten heißes Gas aus und der Wagen rollt nach vorne. Das zugehörige s-t-Diagramm ist eine Parabel (Versuch auf der Wippe ).

Wenn die Rollreibung des Wagens ausgeschlossen werden kann, dann ist die Summe aus dem Impuls des Gases und dem Impuls des Wagens gleich 0- das als Gas entweichende Material und der Wagen waren anfangs in Ruhe. Beide Impulse stimmen in ihren Beträgen überein, haben aber verschiedene Vorzeichen.


Aufgaben