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Bloß nicht bewegen: Der frühere Hösbacher Physiklehrer Gerhard Höhne demonstriert seinen Versuch zur Bestätigung des Schwerpunktsatzes. Foto: Stefan Gregor |
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Mit der Kraft des HerzensGerhard Höhnes Schulversuch zur Bestätigung des Schwerpunktsatzes
H ö s b a c h (Kreis Aschaffenburg). »Der Schüler kann sich durch die Kraft seines Herzens hin- und herbewegen«, sagt Gerhard Höhne. »Dieser einfache Versuch für den Physikunterricht an der Schule ist aber vor allem eine eindrucksvolle Bestätigung des Schwerpunktsatzes.« Mit dem »einfachen Versuch« nimmt der frühere Hösbacher Lehrer von heute bis 6. April in Grenoble an den »Europameisterschaften der naturwissenschaftlichen Lehrkräfte« teil.
Eingeladen hat ihn »Science on Stage Deutschland e.V.«, ein Verein, der nicht nur seinem Namen nach die »Naturwissenschaften auf die Bühne« bringt, sondern auch in der Praxis. So tummeln sich diese Woche in Grenoble knapp 500 Teilnehmer aus 29 Ländern, die an ihren nationalen Ständen dazu beitragen, das Ziel der Veranstaltung umzusetzen. Es geht darum, gute Unterrichtskonzepte und Experimente auf unterhaltsame Art zu präsentieren und zu verbreiten. Die Lehrer sollen die neuen Erkenntnisse mit nach Hause nehmen und in ihren eigenen naturwissenschaftlichtechnischen Unterricht einbauen (siehe: Hintergrund). Das soll dazu führen, das Interesse der Schülerinnen und Schüler an den Naturwissenschaften zu wecken und zu stärken. »Aus diesem Grund fördert Science on Stage Deutschland innovative Ideen und Lehrkräfte bei ihrem Vorhaben, mit ungewöhnlichen Konzepten den Unterricht zu gestalten«, teilt der gemeinnützige Verein mit.
Der 69-jährige Diplomphysiker Gerhard Höhne hat während seiner Zeit als Mathematik- und Physiklehrer am Hösbacher Hanns-Seidel-Gymnasium schon immer gern physikalische Zusammenhänge durch einfache Versuche plausibel zu machen versucht. Sein Experiment über die Kraft des Herzens ist eigentlich ein Versuch zur Demonstration des Schwerpunktsatzes. »Es ist ein fundamentaler Satz der Mechanik.« Der nämlich besage, dass der Schwerpunkt eines Systems am selben Ort in Ruhe verharre, wenn von außen keine Kräfte einwirken.
Schuss aus dem Gewehr
Das wäre zu demonstrieren: Höhne legt sich auf ein Brett, das auf zwei Rollen ruht. Jetzt heißt es: bloß nicht bewegen. Das einzige, was sich noch rührt, ist das Herz. Höhne hält die Luft an. Das Herz pumpt das Blut in den Kreislauf. »Es ist, als ob eine Kanone eine Blutwelle abschießt.« Das hat Rückwirkungen auf den Körper: Er bewegt sich gegen die Strömungsrichtung des Bluts. Immer wieder, so oft das Herz schlägt. Das Brett nimmt die millimeterkleine Bewegung auf, gibt sie über einen Magnet an eine Transformatorspule weiter. Ein elektrisches Signal überträgt die Bewegung auf einen Rechner und macht sie auf einem Bildschirm sichtbar - als Ballistokardiogramm, eine fortlaufend wiederkehrende Kurve. Und was hat das mit dem Schwerpunktsatz zu tun? »Das Experiment soll einen physikalischen Vorgang verdeutlichen«, sagt Höhne. »Es ist ein Beleg dafür, dass auch in diesem Fall der Schwerpunktsatz gilt.« Zur Erinnerung: Von außen wirken keine Kräfte ein, dennoch bewegt sich der Körper im Rhythmus des Herzschlags. Der Schwerpunkt bleibt, wo er ist. Auf demselben Effekt beruht der Rückstoß eines Gewehrs, wenn aus der Waffe ein Schuss abgefeuert wird. »In der Schule hatten wir das Brett früher an vier Punkten an der Decke aufgehängt. Es hing direkt über dem Lehrerpult im Physikraum«, erinnert sich Höhne. In zahlreichen Vorträgen bei Lehrerveranstaltungen hat er den Versuch beschrieben. »Inzwischen weiß ich von einem halben Dutzend Schulen in Bayern, die den Versuch in ihren Physikunterricht aufgenommen haben.« Ob er damit auch bei der Jury in Grenoble punkten kann, wird sich weisen. Bei den Schülern hat er jedenfalls nachhaltigen Eindruck hinterlassen. »Auch wenn sie alles andere vergessen haben -an diesen Versuch erinnern sie sich immer.«
Manfred Röllinghoff
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Hintergrund Science on Stage
Der gemeinnützige Verein Science on Stage Deutschland (SonSD) ist 2003 aus dem deutschen Organisationskomitee der europäischen Initiative »Physics on Stage« hervorgegangen. Gefördert wird der Verein, der keine öffentlichen Gelder erhält, vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Er unterhält für den Verein eine Geschäftsstelle in Berlin, über die der Verein alle nationalen und europäischen Aktivitäten abwickeln kann. So knüpft er für Lehrerinnen und Lehrer der Naturwissenschaften ein Netzwerk, über das sich die Pädagogen austauschen können. Über Workshops und Fortbildungs-veranstaltungen werden spannende Experimente und Unterrichtskonzepte in ganz Deutschland verbreitet. Lehrer mit besonders interessanten Projekten lädt Science on Stage zum internationalen Bildungsfestival »Science on Stage« ein, das diesmal vom 2. bis 6. April in Grenoble stattfindet. Daran beteiligen sich Lehrer aus 29 Ländern Europas. Ausgewählt wurden sie in ihren Heimatländern von nationalen Organisationskomitees, die darüber hinaus jedoch, anders als in Deutschland, keine weiteren Aktivitäten zu Fortbildung und Wissensaustausch entwickeln. Deutschland wird von 39 Lehrern vertreten, die eine Jury von Science on Stage ausgewählt hat. Veranstalter des Festivals ist das EIRO-Forum, ein Netzwerk der sieben größten multinationalen Forschungseinrichtungen in Europa, darunter die europäische Organisation für Kernforschung CERN, die Europäische Weltraumorganisation ESA und die Europäische Südsternwarte ESO. Die besten Versuche, Experimente und Konzepte werden vom EIRO-Forum mit dem »Science Teaching Award« ausgezeichnet. Der erste Preis ist mit einer Prämie von 3000 Euro verbunden. Vor zwei Jahren landete ein deutsches Projekt auf Platz vier. Die Geldpreise fließen an die Schulen, für die die Lehrer angereist sind, und helfen dort bei der Realisierung von Projekten. Neben dem Hösbacher Gerhard Höhne sind in Grenoble auch dabei Thomas Wilhelm vom Lehrstuhl für Didaktik der Physik der Universität Würzburg und der Biologielehrer Frank Orlik vom Friedrich-Koenig-Gymnasium Würzburg. m.r. |
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Anmerkung : 1985 habe ich zu dem oben beschriebenen, in der Medizin bekannten Phänomen ein passendes Schulexperiment entwickelt und dieses 1988 in der Praxis der Naturwissenschaften (PdN-Ph. 5/37. Jahrgang 1988) beschrieben. Mittlerweile wird dieses Experiment in vielen Schulen und Schülerforschungseinrichtungen (Schülerforschungszentrum Bad Saulgau, www.sfz-bw.de) durchgeführt, auch ein Preis im Schülerwettbewerb „Jugend forscht (Biologie)“ wurde mit ihm erzielt. Während der Science on Stage-Vorführungen in Grenoble zeigten die dort wirkenden europäischen Lehrer sehr viel Interesse an diesem Experiment. Gerhard Höhne
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