3.2.3 Fern -und Nahwirkungstheorie
Im 19. Jahrhundert wurde zur Wechselwirkung geladener Körper und stromdurchflossener Leiter eine Fern- (Coulomb) und eine Nahwirkungstheorie (Faraday) diskutiert. Nach der Fernwirkungstheorie wirkt eine Ladung ohne Mitwirkung des Raumes auf eine andere Ladung. Die Nahwirkungstheorie weist dem Raum um die Ladungen eine die Kräfte vermittelnde Rolle zu. Wenn eine elektrische Ladung oder ein stromdurchflossener Draht A auf einen entsprechenden Gegenstand B einwirkt, dann ist die unmittelbare Ursache für die Kraft auf B nicht A, sondern der Nahbereich um B. Ein Raum mit der Fähigkeit zu solchen Kräften heißt Kraftfeld.
Man unterscheidet elektrische und magnetische Felder.
Sind die ladungsabhängigen Kräfte nicht von der Geschwindigkeit der Ladung abhängig, dann spricht man von einem elektrischen Feld, sind sie nur an bewegten Ladungen erkennbar, dann nennt man das Feld magnetisch. Nun hängt die Feststellung, ob ein Feld elektrisch oder magnetisch ist, auch vom Zustand des Beobachters ab. Treffender wäre in jedem Fall die Bezeichnung „elektromagnetisches Feld“.

Abb.
1
Mit der Relativitätstheorie kann leicht entschieden werden, welcher Theorie zuzustimmen ist. Wir machen das in der Abb. 1 angedeutete Gedankenexperiment. In einem mit der Geschwindigkeit v fliegenden Raum sind zwei Stromleitungen A und B quer zur Bewegungsrichtung aufgespannt. B führt Strom, A wird zu einem bestimmten Zeitpunkt an eine Stromquelle angeschlossen. Dies hat einen Kraftstoß auf B zur Folge, der nach der Fernwirkungstheorie ohne zeitliche Verzögerung gleichzeitig mit dem Anschluss von A wahrgenommen werden sollte, denn der Raum spielt in dieser Theorie keine vermittelnde Rolle. Die Gleichzeitigkeit beider Ereignisse ist sowohl aus der Sicht eines ruhenden wie der eines mitbewegten Beobachters zu erwarten. Dies widerspricht der Relativitätstheorie, wonach Ereignisse, die aus der Sicht des mitbewegten Beobachters bei A und B gleichzeitig stattfinden, für einen ruhenden Beobachter nicht gleichzeitig sein können. Somit müssen wir uns für die Nahewirkungstheorie entscheiden, da die Fernwirkungstheorie mit der Relativitätstheorie nicht vereinbar ist. Mit der Relativitätstheorie kann auch gezeigt werden, dass sich die elektrischen und magnetischen Kräfte mit der Lichtgeschwindigkeit c fortpflanzen.
Wir nennen die Ausbreitungsgeschwindigkeit dieser Kräfte im ruhenden System u und im bewegten System u'. Nach dem Relativitätsprinzip dürfen die Ausbreitungsgeschwindigkeiten in beiden Systemen nicht verschieden sein. → u = u'. Hieraus folgt nach dem Additionstheorem der Geschwindigkeiten:
u = (u' + v)/(l + u' · v/c2) = u' → u' + v = u' + v · (u'/c)2 → l = u'/c → u' = u = c