3.2.4 Das magnetische Feld

Nach der Nahewirkungstheorie ist der Raum um einen stromdurchflossenen Leiter als unmittelbare Ursache für die magnetischen Kräfte anzusehen. Es erscheint daher angebracht, diesen Raum zu beschreiben. Da das Feld ausschließlich durch die von ihm ausgehenden Kräfte bemerkt wird, kommt zur Beschreibung nur die Angabe von Kräften in Frage, die das Feld an verschiedenen Orten auf einen stromdurchflossenen Leiter ausübt. Als Messobjekt bietet sich ein l m langer Leiter an, der von einem Strom der Stärke l A durchflossen wird. Bei Wahl einer anderen Leiterlänge h und einer anderen Stromstärke I muss auf die anfangs gegebenen Bedingungen umgerechnet werden. Dies erreicht man, indem man die auf den Leiter wirkende Kraft F durch die Leiterlänge h und die Stromstärke I dividiert. F/(I·h) entspricht der Kraft auf einen Leiter der Länge l m, der von einem Strom der Stärke l A durchflossen wird.

Diese Größe trägt den Namen magnetische Kraftflussdichte B.

Die Einheit N/(A ·m) wird Tesla (Abkürzung: T) genannt.


Da für die Kraft F die Orientierung des Leiters nicht ohne Bedeutung ist, muss folgendes ergänzt werden. Unter den denkbaren Ebenen durch einen Punkt des Magnetfeldes gibt es immer eine Ebene E mit folgender Eigenschaft:

Ein senkrecht zu dieser Ebene E gerichteter Leiter erfährt keine Kraft.  Auf ein in der Ebene liegendes Leiterstück wirkt eine Kraft, die sich bei einer Drehung des Leiterstücks in der Ebene E nicht ändert.

Auf einen Leiter in dieser Ebene E bezieht sich die Kraft F der angegebenen Definitionsgleichung. In einer Zylinderspule verläuft eine solche Ebene senkrecht zur Spulenachse.

Die Ausrichtung der genannten Ebene wird mit einem senkrecht zu ihr stehenden Vektor B (|B|= B ) angegeben. Dieser ist so gerichtet, dass ein ihm entgegenschauender Beobachter an einem nach links fließenden Strom eine nach oben wirkende Kraft erkennt.

Die Richtungen von I, B und F verhalten sich demnach zueinander  wir der Daumen, der Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand, wenn letzterer von den beiden anderen rechtwinklig abgespreizt wird (siehe Abb. 1).

Abb. 1

Rechte-Hand-Regel



Wie groß ist B in einer stromdurchflossenen Spule?

In 3.2.2 wurde für die Kraft F auf einen quer zur Spulenachse liegenden Leiter der Länge h hergeleitet:

Fg = µ0 · I1 · I2 · h · n/L  (I1: Strom in der Spule, I2: Strom im Leiter der Länge h)  

 →      B = Fg /(I2· h)  =  µ0 · I1 · n/L    ( I1 = Spulenstrom)



Die Lorentzkraft

Ein magnetisches Feld wirkt nicht unmittelbar auf den Leiter, zunächst greift es an den fließenden Ladungen an, diese geben die Kraft des Feldes an den Leiter weiter.

Wie groß ist die magnetische Kraft auf eine mit der Geschwindigkeit v fließende Ladung q ?

Zur Beantwortung dieser Frage denken wir uns einen Leiterabschnitt der Länge s in einem vom Strom der Stärke I durchflossenen Leiter. Der Leiterabschnitt verlaufe senkrecht zum Vektor B eines Magnetfeldes und werde gerade von einer Ladung q ausgefüllt. Auf ihn wirkt die Kraft F = B · I · s. In der Zeit t fließt die Ladung aus dem genannten Abschnitt.

I = q / t;    s = v · t    →    I =(q · v) / s    →    F = B · I · s  =  B · (q/t) · s 

→   F = B · q ·(s/t) = B·q·v

Die Kraft F auf die bewegte Ladung, ausgedrückt durch B · q · v, ist unter dem Namen Lorentzkraft bekannt.



Die Kraftflussdichte des Erdfeldes

Abb. 2

Die Horizontalkomponente der Erdkraftflussdichte kann mit der in Abb. 2 dargestellten Anordnung gemessen werden. Die Experimentierbahn wird zunächst so ausgerichtet, dass der Hebel R1 von Norden nach Süden weist. Nun wird nur durch die Wicklung von R1  ein Strom von  5 A geschickt. Das Erdfeld greift dann an beiden Enden des Hebels mit gleichem Drehsinn an. Nach dieser Methode wurde der Wert B( horizontal) = l,9·10-5 T gemessen.

Wichtige Anmerkung zur Versuchsdurchführung



Magnetische Kraftlinien

Die Richtung von B wird vom Nordpol einer Magnetnadel angezeigt, wenn diese sich um ihren Schwerpunkt nach allen Seiten frei drehen kann. Wird eine Magnetnadel in kleinen Schritten in der von ihr angezeigten Feldrichtung verschoben, dann beschreibt sie eine magnetische Kraftlinie. Eisenfeilspäne auf einer ebenen Unterlage werden  im Magnetfeld zu solchen Kraftlinien angeordnet. Beispiele von Kraftlinienbildern sind im Folgenden dargestellt.


 

 

Abb. 3: Kraftlinien zwischen den Polen eines Stabmagneten

Abb. 4: Kraftlinien zwischen den Polen eines Hufeisenmagneten


Abb. 5: Kraftlinien zwischen zwei Nordpolen



Abb. 6

 

Kraftlinien um einen stromdurchflossenen Leiter in einer Ebene, die senkrecht zum Leiter verläuft.

Das Kreuz im Leiter zeigt an, dass die Stromrichtung vom Betrachter weg weist. Ein auf den Betrachter gerichteter Strom wird durch einen Punkt im Leiterquerschnitt angezeigt.

 

 

Abb. 7: Kraftlinien um zwei parallele Leiter mit gleicher Stromrichtung und gleicher Stromstärke

Abb. 8:Kraftlinien um zwei parallele Leiter mit gleicher Stromstärke aber entgegengesetzten Stromrichtungen


Abb. 9 : Homogenes Magnetfeld im Inneren einer stromdurchflossenen Spule


Abb. 3 , 4 und 5 lassen erkennen, dass sich ein Magnetfeld so verhält, als ob in Richtung der Kraftlinien ein Zug und quer zu ihnen ein Druck bestünde. Nach Abb. 6 sind die Kraftlinien um einen stromdurchflossenen Leiter konzentrische Kreise. Ihre Richtung wird durch die Rechte-Faust-Regel beschrieben: Greift man so um einen Leiter, dass der Daumen in die Richtung des Stromes zeigt, dann geben die Fingerspitzen die Richtung der Kraftlinien an.

Unter Berücksichtigung der zu den Abb. 3, 4 und 5 angemerkten Eigenschaften kann mit Blick auf die Abb. 7 und 8 gesagt werden: Gleichsinnig durchflossene Leiter ziehen sich an, ungleichsinnig durchflossene Leiter stoßen sich ab. Nach der Abb. 9 ist das Feld im Inneren einer stromdurchflossenen Spule homogen ( nach Stärke und Richtung konstant).



Anmerkung zur Wechselwirkung stromdurchflossener Leiter:

Die Anziehung bzw. Abstoßung stromdurchflossener Leiter kann auch mit der Rechten-Hand-Regel begründet werden:


Abb. 10

Wir betrachten das von einem Leiter L1 verursachte Magnetfeld (siehe Abb. 10). Bringt man einen zweiten Leiter L2 mit einem Strom gleicher Richtung in das Feld des ersten Leiters, dann muss nach der Rechten-Hand-Regel mit einer Kraft auf L2 nach  L1 hin  gerechnet werden.