3.3.2 Die elektrische Spannung U

3.3.2.1 Definition der elektrischen Spannung

Abb. 1

In Abb. 1 sind 4 in Reihe geschaltete elektrochemische Elemente abgebildet. R ist ein dünner, langer Metalldraht. Wird sein rechtes Ende nach und nach von B nach C, dann von C nach D und schließlich von D nach E verlegt, dann ist zu erkennen, dass die Stärke des in ihm fließenden elektrischen Stroms proportional der Zahl der elektrochemischen Elemente zwischen den Enden des Drahtes ist.

Man sagt die elektrische Spannung zwischen C und A sei größer als die zwischen B und A usw. .

Der zwischen den Endpunkten z.B. A und C fließende Strom ist nicht von der Verlegung des Drahtes abhängig. Nur die Lage vom Anfang und dem Ende des Drahtes sind für die Stromstärke maßgebend. Aus der Mechanik ist eine Größe bekannt, die auch nur von einem Anfangs- und Endpunkt eines Weges abhängig ist. Es ist die Arbeit, die das Gravitationsfeld der Erde bei Verschiebung eines Körpers verrichtet. Wenn z.B. ein kg-Körper von einem Punkt A zu einem Punkt B verschoben wird, dann ist ausschließlich der Höhenunterschied zwischen A und B für die unter der Schwerkraft verrichtete Arbeit bestimmend. Wir vermuten, dass auch für die Arbeit des elektrischen Feldes bei Verschiebung einer bestimmten Ladung Q nur der Anfangspunkt P1 und der Endpunkt P2  des Verschiebeweges von Bedeutung sind. Möglicherweise ist die Stromstärke I in einem dünnen Draht, der von P1 nach P2  verlegt ist, dieser Arbeit proportional. Wenn dies der Fall ist, dann hätte man mit dieser Arbeit ein Maß für die zwischen P1 und P2  herrschende Spannung.


Es sind nun zwei Fragen zu beantworten:

1. Ist die Arbeit des elektrischen Feldes bei Verschiebung einer Ladung entlang eines bestimmten Weges nur vom Anfang und Ende des Weges abhängig ?

2. Ist die Arbeit, so wie die Stromstärke, proportional der Zahl der elektrochemischen Elemente zwischen dem Anfang und Ende des Weges ?

 

Die 1. Frage muss mit „Ja“ beantwortet werden. Bei einem „Nein“ wäre ein „Perpetuum Mobile“ möglich. Man könnte dann eine Ladung zwischen den beiden Punkten  P1 und P2 auf zwei Wegen so hin- und herschieben, dass die auf dem Rückweg gegen das Feld notwendige Arbeit kleiner ist als die auf dem Hinweg vom Feld verrichtete Arbeit. Somit würde bei einem periodisch wiederholbaren Vorgang Energie gewonnen.

Auch die zweite Frage ist zu bejahen, denn für die Arbeiten bei der Verschiebung einer Ladung von einem Endpunkt des Drahtes zu einem anderen gilt: WC,A = 2 · WB,A ,     WD,A = 3 · WB,A ,      WE,A = 4 · WB,A

Zur Begründung dieser Behauptung verschieben wir in Gedanken eine Ladungseinheit von D nach A in drei Schritten, zunächst von D nach C, dann von C nach B und schließlich von B nach A. Bei dieser Art Verschiebung wird deutlich, dass die Arbeit WD, A dreimal größer ist als WB,A, denn es gilt: WB,A   = WC,B  = WD,C  . 

Die Arbeit des elektrischen Feldes, welche bei Verschiebung einer Ladungseinheit von einem Punkt A zu einem Punkt B verrichtet wird, erscheint hiernach als Spannungsmaß geeignet. Zu ihrer Ermittlung wird eine Ladung Q von A nach B verschoben und die vom Feld verrichtete Arbeit W gemessen. W/Q beschreibt die Arbeit bei Verschiebung einer Ladungseinheit.

W/Q wird als Spannungsmaß U definiert.    Die Einheit J/(A·s) heißt Volt (V).



3.3.2.2 Die Messung einer Spannung

1. Messung mit einer Potentialwaage

Abb. 2

In Abb. 2 ist eine sogenannte Potentialwaage zu sehen. Sie besteht aus zwei parallelen Metallplatten A und B, die im Abstand d übereinander angeordnet sind. Wird die eine Platte an den +Pol und die andere an den –Pol einer Stromquelle angeschlossen, dann werden die Platten aufgeladen und erfahren eine Anziehungskraft F, die von der Spannung zwischen den beiden Polen abhängig ist.

Für die Feldstärke E zwischen den Platten  gilt: E = ϭ/ε0 = Q/(A· ε0)

Q ist die Ladung einer Platte mit dem Flächeninhalt A.

Für die Anziehungskraft der beiden Platten gilt: F = E· Q/2

 

Die letzte Behauptung kann leicht begründet werden. Eine dritte Platte C mit der Ladung Q zwischen A und B erfährt die Kraft E·Q . Sie wird von der einen Seite angezogen, von der anderen aber abgestoßen. Im Gegensatz dazu erfährt A bzw. B  nur die Anziehungskraft der anderen Platte.

E = 2·F/Q

Q = σ · A ;  σ = ε0 · E  →   Q = E · A · ε0

E = 2·F/(E · A · ε0)     →  E2 = 2·F/(A· ε0)    

Die Spannung zwischen den beiden Platten ist U = E · d (d = Plattenabstand )

Zum Verständnis muss an die Definition von E erinnert werden:

E = auf eine Ladung q wirkende Kraft Fq / Ladung q = Fq / q   → Fq = E · q

U = Fq · d / q = ( Fq / q) · d = E · d


Wichtige Anmerkung:

Die Gleichung E = σ/ ε0 gilt nur dort genau, wo das elektrische Feld als homogen bezeichnet werden kann. Zur Verbesserung der Messgenauigkeit sollten deshalb die Platten A und B  von größeren Platten so eingerahmt werden, wie dies  in der Abb. 3 dargestellt  ist. Nur so können die Inhomogenitäten am Plattenrand vermieden werden. Die Platten A und B sind leitend mit den Rahmen verbunden.

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Abb. 3



2. Messung mit einem Amperemeter + vorgeschaltetem Leiter mit hohem Widerstand (dünner, langer Draht)

Der von einem Punkt A nach einem anderen Punkt B durch einen dünnen, langen Draht fließende Strom ist seiner Stärke nach der Spannung zwischen den Punkten A und B proportional. Deshalb ist eine Kombination (siehe Abb. 4) aus einem empfindlichen Amperemeter und einem dünnen, langen Draht ( er ist hier durch ein Rechteck dargestellt) zur Messung der zwischen A und B herrschenden Spannung U geeignet. Der Draht soll einen großen Widerstand gegenüber dem elektrischen Strom haben. Dieser Widerstand R wird durch die Spannung beschrieben, die zwischen den Enden des Drahtes herrschen muss, wenn ein Strom der Stärke 1 Ampere fließen soll. Fließt unter einer Spannung U ein Strom I 1 Ampere, dann erhält man die für 1 Ampere erforderliche Spannung, indem man U durch I teilt. Hierbei wird vorausgesetzt, dass U und I einander proportional sind. Diese Voraussetzung trifft zu, wenn die Temperatur und die Form des Leiters unverändert bleibt.


Abb. 4

U/I bleibt konstant, wenn der Leiter nicht verformt  und die Temperatur konstant gehalten wird.

U/I = Konstante           Ohmsches Gesetz

U/I wird als Maß für den Widerstand R definiert.

U/ I = R

Einheit V/A = W (Ohm)

Aus der vom Amperemeter angezeigten Stromstärke I kann nach dem Ohmschen Gesetz   U / I = R   →   U = I · R   auf die Spannung U geschlossen werden.  Bei den gängigen Voltmetern ist die Skala des Amperemeters zur Spannungsmessung kalibriert, so dass eine Rechnung nach  U=I·R nicht nötig ist.

Der Widerstandswert des in der Abb. 4 angedeuteten Leiters muss sehr groß gewählt werden, damit der Stromfluss durch das Amperemeter keine nennenswerte Änderung der  Spannung U bewirkt.


Anmerkung zur Abb. 4:   Leiter mit einem bestimmten Widerstand R werden wie in der Abb. 4 durch kleine Rechtecke dargestellt.