7.
Irrationale Zahlen
Es soll die Länge L der Diagonalen eines Quadrats mit der Seitenlänge 1 Längeneinheit berechnet werden (siehe Abb. 1 ).
Abb. 1
Nach dem Pythagoras gilt: L2 = 12 + 12 = 2; √(2)
Durch Iteration findet man √(2)= 1.4142135623731.. . Eine Periodizität oder eine Ende der Dezimalbruchentwicklung stellt sich auch nach sehr vielen Iterationsschritten nicht ein. Man gewinnt den Eindruck, dass dem Term √(2) weder ein endlicher noch ein periodischer Dezimalbruch zugeordnet werden kann. Wenn dies der Fall sein sollte, dann gibt es keinen Bruch a/b (a; b: natürliche Zahlen ) mit der Eigenschaft √(2) = a/b, denn jeder Bruch a/b kann durch einen endlichen oder periodischen Dezimalbruch dargestellt werden.
Diese Vermutung wirkt zunächst sehr verunsichernd, denn den Begriff Zahl verbinden wir in der Regel mit der Vorstellung einer ganzen Zahl oder eines Bruches. Anders geartete Zahlen können wir uns zunächst nicht vorstellen.
Hier muss daran erinnert werden, dass wir Zahlen durch Punkte (Einschnitte) auf einer Zahlengeraden darstellen. Ein Einschnitt E auf der Zahlengeraden können wir deshalb auch als Zahl sehen. Wenn ein solcher Einschnitt innerhalb einer Einheitsstrecke liegt, dann repräsentiert er neben einem ganzzahligen Anteil noch den Bruchteil einer Einheit.
Dieser Bruchteil kann nur dann durch einen Bruch dargestellt werden, wenn eine Einheit so in n Abschnitte gleicher Länge aufgeteilt werden kann, dass E genau am Ende eines solchen Abschnitts liegt. Wenn das Ende des m. ten Abschnitts auf E liegt, dann wird der Bruchanteil von E durch m/n beschrieben (siehe Abb.2).
Abb. 2
Wenn man zwei Strecken durch ganzzahlige Vielfache einer kleineren Strecke darstellen kann, dann nennt man sie kommensurabel. Es ist denkbar, dass der Bruchanteil von √(2) nicht mit einer Längeneinheit kommensurabel ist.
In diesem Fall ist √(2) nicht durch eine rationale Zahl a/b darstellbar. Nach Vorgabe einer zulässigen Abweichung A kann man jedoch immer einen Dezimalbruch angeben, dessen Abweichung von E geringer ist als A. Wenn z.B. die Abweichung kleiner als 1/1000000 sein soll, dann wird man die Einheit, in der E liegt, in 1000000 Abschnitte einteilen. Der unmittelbar vor E liegenden Teilungsmarke kann ein Dezimalbruch zugeordnet werden, der von E weniger als 1/1000000 abweicht.
Es soll nun bewiesen werden, dass √(2) nicht durch einen Bruch dargestellt werden kann.
Wir führen den Beweis indirekt.
Wir nehmen an, dass die Gegenbehauptung ( √(2)= a/b) zutrifft und zeigen, dass die Folgerungen hieraus falsch sind.
a/b (echter oder unechter Bruch ) kann zunächst so gekürzt werden, dass der Zähler und der Nenner keinen gemeinsamen Teiler haben.
a/b = p/q (p und q sind teilerfremd)
√(2) = p/q → 2 = p2/q2 → 2·q2 = p2 → p2 ist demnach durch 2 teilbar
Wenn p2 durch 2 teilbar ist, dann ist auch p durch 2 teilbar, denn das Quadrat einer ungeraden Zahl ist ungerade.
Beweis:
Jede ungerade Zahl kann man als Summe einer geraden Zahl n und der Zahl 1 darstellen.
(n+1)2 = n2 + 2·n + 1
Da n2 +2·n gerade ist folgt: n2 + 2·n + 1 ist ungerade
2·q2 = p2 → q2 = p2/2 = (p/2) · p
Da p/2 eine ganze Zahl und p eine gerade Zahl ist folgt: q2 und q sind gerade Zahlen. Somit sind p und q im Widerspruch zu der Voraussetzung nicht teilerfremd.
Hieraus schließen wir: Es gibt keinen Bruch a / b = √(2)
Wir können √(2) jedoch entsprechend der Abb. 3 einen Einschnitt E auf der Zahlengeraden zuweisen. Einschnitte, denen kein Bruch zugeordnet werden kann, heißen irrationale Zahlen.
Abb. 3
Die rationalen Zahlen (echte und unechte Brüche) fassen wir mit den irrationalen Zahlen zur Menge der reellen Zahlen R zusammen.